Vorwort

Jeder, der sich einmal in Lavrion um ein paar Mineralien bemüht hat, kommt zwangsläufig auf die Idee, die Herkunft der Mineralien, sprich den Landstrich Lavrion, etwas genauer zu inspizieren. Und spätestens nach der ersten Rundfahrt scheint ihm das ganze Gebiet doch ein wenig unüberschaubar. Und so ganz Unrecht hat er dabei nicht.Serpierishaft.jpg (47598 bytes)

Aber wie hängt das ganze zusammen, welche Gliederung ist zu beobachten. Wir sind gewohnt, wenn wir über den Bergbau nachdenken, immer an ein fest strukturiertes Vorgehen der Mineure zu denken. Das mag in der Antike auch der Fall gewesen sein, zumal die Überlieferungen ein sehr strenges und wohl organisiertes Bergrecht und Minenwesen beschreiben. Zur damaligen Zeit wurden die Gruben so betrieben, daß diese möglichst über einen langen Zeitraum Gewinne abwerfen konnten und nicht durch unsachgemäßen Betrieb versiegten oder im schlimmsten Fall zusammen brachen

                            

                                        Warzeichen von Aghios Konstantinos ist der unter Denkmalschutz stehende Serpieri-Schacht.

Ein solcher Fall würde den totalen Bankrott des Besitzers und erhebliche  Steuerausfälle für den antiken griechischen Staat bedeuten. Das dies nicht passiert, wurde durch ein strenges Regelwerk sicher gestellt. Trotzdem versiegten die Bergwerke mehr und mehr bis schließlich eine fast 2000 jährige Ruhepause eintrat. Im ausgehenden 19 Jahrhundert wurde man dann auf die Erze von Lavrion wieder aufmerksam, da die riesigen Schlackenmengen noch enorme Mengen an Silber enthielten. Es war den antiken Griechen nur unvollständig gelungen das Silber aus dem Erz zu erschmelzen, sodaß großen Reste in den Schlacken zurück blieben.

Auf die Schlacken wurde ein Italiener namens Jean-Baptiste Serpieri aufmerksam, da er schon vorher aus sardischen Schlacken mit Erfolg Silber erschmolzen hat. Zwangsläufig kam es in der Folge dann auch zu einer Untersuchung der antiken Minen, was letztendlich zur Wiederaufnahme des Bergbaus führte. Mit der nun doch viel moderneren Bergbautechnik gelang es sehr schnell riesige Gewinne zu erwirtschaften. Man ging dabei einfach den alten antiken Minen nach, erweiterte die Stollen und förderte die angetroffenen Erze, ohne an eine zukunftsweisende Ausrichtung der Minen zu denken. Dieser Raubbau führte auch dazu, daß enorme Stollenstrecken auf der Suche nach Erz aufgefahren wurden, und jeder Meter in Lavrion intensiv umgewühlt wurde. Sehr schnell wurden die Gruben mit weniger Erz oder geringeren Silbergehalten zu teuer, da die Grube keine effektive Förderung mehr zuließen.

So wurden nach und nach alle Gruben abgeworfen, bis letztendlich die beiden großen und sehr ergiebigen Lagerstätten Kamariza und Plaka übrig blieben. Hier sind auch Ansätze einer geordneten Entwicklung des Bergbaus zu sehen, zumal diese Gruben bis in die 70er Jahre in Förderung standen. Dennoch scheint es kaum vorstellbar, daß die Erzlager der anderen Reviere ausgebeutet sein sollen. Die Aktivitäten zur Zeit Serpieris haben aber die Spuren der alten Grubereviere stark verwischt. In vielen Fällen ist auch nicht bekannt, ob und welche Stollen zu einer Grube gehören bzw. welche Stollen wie zusammen hängen. Es erscheint denkbar, daß in früheren Zeiten der Bergbau sich immer an besonders reichen Erzanbrüchen konzentrierte. Im Laufe der Jahrhunderte des antiken griechischen Bergbaus wurde aber die gesamte Landschaft Lavrions mit Stollen und Schächten überzogen. Tatsächlich beobachtet man auch heute noch, daß es oft keine Trennlinien zwischen den einzelnen Revieren gibt oder aber eine Minengruppe weit verstreut sein kann. Wandert man von der Küste bei Sounion Richtung Kamariza, so wird man kaum einmal 10 min. gehen ohne einen Schacht, eine Pinge oder einen Stollen zu passieren. All diese Gruben hängen oft auch irgendwie untereinander zusammen, so daß man fast eher von einem Revier Lavrion-Süd sprechen kann. Auf der anderen Seite lassen sich aber eindeutige mineralogische Unterschiede bei verschiedenen Gruppen von Minen beobachten. So unterscheidet sich die Mineralisation von Ano-Sounion deutlich von der der Megala Pefka oder der Soureza. Aus dieser Tatsache und der manchmal auch geographischen Lage der Minen bietet sich eine Reviereinteilung einfach an. Man muß sich aber bewust sein, daß wohl zu keiner Zeit im modernen griechischen Bergbau eine solche Revierzuordnung bestanden hat. Zu Serpieris Zeiten wurden die Minen einfach durchnummeriert. Während zum Beispiel die Mine Enja (Mine Nr. 9) weit in Norden bei Vromopoussi liegt, liegt die Mine Exi (Mine Nr. 6) im Süden im Gebiet von Spitharopoussi. Der Stollen 80 liegt wiederum in der Plaka währen die Megala Pefka die Nummer 28 hatte. Und bei den allermeisten Stollen weiß man nicht mehr wie sie hießen.

Im folgenden wollen wir daher von Minengruppen sprechen, und die Benamung an die Namen der lokalen Örtlichkeiten anpassen.

 Ein wichtiger Hinweis noch: Die Begehung alter Gruben ist nicht ungefährlich. Wenn die Stollen im Marmor aufgefahren sind, so kann man sich nur wundern wie stabil und gut erhalten diese sind. Hier besteht am wenigsten Gefahr. Besteht aber das Hangende, also die Decke, aus Schiefergesteinen, und das ist in den meisten Fällen so, dann besteht akute Unfallgefahr. Diese Schieferdecken sind äußerst instabil und können leicht zusammenbrechen. An solchen Stellen ist also äußerte Vorsicht angesagt. Es gab schon eine Reihe schwerster Unfälle mit Todesfolge aufgrund zusammenbrechender Stollen. Objektiv betrachtet sind aber die Stollen nicht das Hauptproblem bei einer Begehung der Stollen. Viel wichtiger ist es den Rückweg zu finden. Zwar gibt es eine Vielzahl von Markierungstechniken, ich verlasse mich aber einzig auf meine Kenntnis der Gruben. Rennen Sie also nicht in den Gruben umher, sondern erarbeiten Sie sich die Minen Stück für Stück. Und vor allem drehen Sie sich immer wieder um um sich die Stollen einzuprägen. Vorsicht ist hier der beste Berater!